Beleidigung oder Meinungsfreiheit? (Romania for Export Only)

28 February 2019

PFORZHEIM

Beleidigung oder Meinungsfreiheit?

Angeklagte bezeichnet Rechtsanwältin als „Kindertrafikantin“ – Verhandlung wird fortgesetzt

Von Christiane Viehweg Erstellt: 28. Februar 2019, 00:00 Uhr

Pforzheim. Ist es eine Beleidigung und üble Nachrede, eine Rechtsanwältin – Dr. Oana Krichbaum, Ehefrau des Bundestagsabgeordneten Gunther Krichbaum – als „Kinderfabrikantin“ und „Kindertrafikantin“ zu bezeichnen, die Kinderhandel betrieben habe, und dem Ehemann Kenntnis zu unterstellen? Sie mit Pädophilen und Kinderhändlern zu vergleichen? Oder gehört das zur freien Meinungsäußerung? Mit dieser Frage beschäftigte sich am Mittwoch das Pforzheimer Amtsgericht.

Angeklagt ist eine 46-jährige Finanzwirtin, die nach eigenem Bekunden im Vorjahr die Behauptungen ins Netz gestellt und sie mit Zeitungsartikeln untermauert hatte. Allerdings, wie sich während der stundenlangen Verhandlung herausstellte, besaß diese Zeitung eine sehr kleine Auflage und existiert mittlerweile nicht mehr, so dass also eine Gegendarstellung nicht möglich ist. Dann gibt es noch ein Buch auf Englisch, in dem ebenfalls von skandalösen Zuständen berichtet wird. Der Wahrheitsgehalt war nicht zu überprüfen.

Das Ehepaar fühlt sich in seiner Ehre verletzt, spricht von Rufmord und fühlt sich gestalkt, weil Angriffe dieser Art seit 2012 immer wieder erfolgen und verschiedene Familienmitglieder treffen. Es erstattete Strafanzeige und strengte eine Zivilklage an.

Die Angeklagte hält dagegen: Alles, was sie geschrieben habe, entspreche der Wahrheit, und die Wahrheit dürfe sie sagen. Was sie auch während der Verhandlung immer wieder tat, mühsam gebremst von ihrem Verteidiger Florian Bähr und immer wieder mit der Androhung von Ordnungsgeld durch Richter Stemler kurzfristig zum Schweigen gebracht.

Die Angeklagte war nach dem Fall des „Eisernen Vorhanges“, der Ost- von Westeuropa trennte, jahrelang Angestellte einer rumänischen Kinderschutzbehörde. Viele Kinder aus Rumänien wurden damals von westeuropäischen und auch amerikanischen Eltern adoptiert. 2001 wurde das verboten. Nur Familien, die bereits registriert waren für eine Adoption, kamen noch vereinzelt zum Zug. Zuständig für die Adoptionen, die der Internationale Sozialdienst vermittelte, war eine staatliche Stiftung im Auftrag der Regierung, für die die betroffene Rechtsanwältin arbeitete. Die künftigen Eltern hatten eine Spende zu zahlen, die für Anwaltskosten und Bearbeitungsgebühren aufgewendet wurde, außerdem kamen die Gelder Waisenhäusern, Pflegeeltern und Projekten zugute. „Es handelte sich um reine Kostendeckung“, sagte die Anwältin am Mittwoch als Zeugin. Sie, wie auch ihr Ehemann, wurde lange angehört. Auch wurde lang und breit die Frage erörtert, ob die Angeklagte nun Mitglied der Deutsch-Rumänischen Gesellschaft ist oder nicht. Sie beharrt darauf, dazuzugehören, weil sie Mitgliedsbeiträge bezahlte, die Anwältin sagt Nein, weil die Frau vom Vorstand abgelehnt worden sei. Seither gebe es auch die Internethetze.

Was das alles mit dem Tatvorwurf zu tun hat, erschloss sich während der Verhandlung nicht so recht. Die Zivilklage beim Oberlandesgericht ist offenbar am gestrigen Tag entschieden worden, aber das Ergebnis konnte dem Pforzheimer Amtsgericht nicht mitgeteilt werden, bevor es nicht schriftlich den Parteien zugegangen ist. So ist Warten angesagt, Weiteres soll geprüft werden. Die Verhandlung wird am 15. März um 9 Uhr fortgesetzt.

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