Whistleblowerin sagt in Krichbaum-Prozess aus
Whistleblowerin sagt in Krichbaum-Prozess aus
Veröffentlicht: 12.01.2023
Region+ Aktualisiert: 12.01.2023 19:05 Uhr
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Pforzheim/Enzkreis. Es war ein intensives Verhör: Vier Stunden lang saß eine frühere EU-Beamtin, die sich als Whistleblowerin bezeichnet, im Zeugenstand im Pforzheimer Amtsgericht. In dem Berufungsprozess wird einer 50-jährigen Angeklagten aus dem Enzkreis üble Nachrede vorgeworfen. Wie die PZ berichtete, soll sie in vier Facebook-Posts die Pforzheimer Stadträtin Oana Krichbaum unter anderem als „Kinderhändlerin“ bezeichnet haben.
Die Zeugin war bis 2005 in der Kommission für die EU-Erweiterung tätig und befasste sich laut ihrer Aussage mit dem Thema Kinderschutz in Rumänien. Damals sollen Adoptionsagenturen aus Rumänien mit Agenturen aus anderen EU-Ländern zusammengearbeitet haben, um Kinder aus Rumänien an Eltern im Ausland zu vermitteln.
Ein System, das der EU-Beamtin nicht ganz geheuer zu sein schien. „Das war damals legal. Aber die Geschichte zeigt uns, dass nicht alles, was legal war, immer auch gut ist“, sagte die Frau, die extra aus Belgien nach Pforzheim angereist war.
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Konkret ging es ihr darum, dass diese privaten Agenturen – eine rumänische Agentur wurde von Oana Krichbaum geleitet – Spenden für die Kindervermittlung angenommen habe. Rund 16.000 Euro pro Kind, wie Fallbeispiele deutscher Adoptiv-Eltern zeigten. Dieses Geld sollte damals für das Kindeswohl in Rumänien ausgegeben werden – allerdings sei schwer nachzuvollziehen, wo das Geld tatsächlich gelandet sei.
„Es sind private Agenturen. Das ist ein Geschäft. Es geht nicht um das Kindeswohl“, so die Aussage der Whistleblowerin.
Zu dem Thema hatte die Zeugin damals ein Buch veröffentlicht, woraufhin sie Schwierigkeiten mit ihrer Anstellung bei der EU bekommen habe. Krichbaum selbst sagte vor Gericht aus, dass in der Stiftung alles „transparent“ gelaufen sei.
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Was hat dieses System der Kindesadoption in Rumänien mit dem jetzigen Fall zu tun? Es geht darum, ob die Angeklagte die Stadträtin Oana Krichbaum öffentlich in ihren Facebook-Posts 2018 unter anderem als „Kinderhändlerin“ bezeichnen durfte oder nicht. Bei den Posts soll die 50-Jährige laut Verteidiger Hubert Gorka lediglich auf entsprechende Zeitungsartikel aus Rumänien und Frankreich verwiesen haben, in denen der Begriff des „Kindertraffiks“ in Bezug auf das Adoptivsystem gefallen sein soll.
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Deshalb beantrage Gorka nach der Vernehmung, das Verfahren einzustellen. „Wir können nicht erwarten, dass eine Leserin einer Zeitung mehr weiß als das, was in der Zeitung steht. Das grenzt an Willkür“, so Gorka.
Der Prozess wird am Freitag, 3. Februar, fortgesetzt