Entschließung zur Verbesserung des Rechts und der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Adoption von Mi

1 January 1996
51996IP0392
 
Entschließung zur Verbesserung des Rechts und der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Adoption von Minderjährigen
 
Amtsblatt Nr. C 020 vom 20/01/1997 S. 0176
 
A4-0392/96
 
Entschließung zur Verbesserung des Rechts und der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Adoption von Minderjährigen
 
Das Europäische Parlament,
 
- in Kenntnis des von den Abgeordneten Colli Comelli und Danesin im Namen der Fraktion Forza Europa eingereichten Entschließungsantrags zur Verbesserung des Adoptionsgesetzes (B4-0568/94),
 
- in Kenntnis der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte,
 
- unter Hinweis auf die Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte der Kinder vom 20. November 1989,
 
- unter Hinweis auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel K.1 Nummer 6 und K.3 bezueglich der Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres sowie auf Artikel 220 des EG-Vertrags,
 
- unter Hinweis auf die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950,
 
- unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. März 1989 zur künstlichen "In-vivo-" und "In-vitro"-Befruchtung ((ABl. C 96 vom 17.04.1989, S. 171.)),
 
- unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Dezember 1991 zu den Problemen der Kinder in der Europäischen Gemeinschaft ((ABl. C 13 vom 20.01.1992, S. 534.)),
 
- unter Hinweis auf die Europäische Konvention des Europarats vom 24. April 1967 zur Adoption von Kindern,
 
- unter Hinweis auf das Haager Übereinkommen vom 29. Mai 1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption,
 
- gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,
 
- in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Recht und Bürgerrechte sowie der Stellungnahmen des Ausschusses für Grundfreiheiten und innere Angelegenheiten und des Ausschusses für Kultur, Jugend, Bildung und Medien (A4-0392/96),
 
A. in der Erwägung, daß das grundlegende Ziel der Adoption das Wohl des zu adoptierenden Kindes und der Schutz seiner Rechte sein muß,
 
B. unter Hinweis darauf, daß im übergeordneten Interesse des adoptierten Kindes vorzugsweise eine aus Vater und Mutter bestehende Familie ausgewählt werden sollte, und daß hierzu eine zufriedenstellende Zusammenarbeit zwischen staatlichen Institutionen, Nichtregierungsorganisationen und adoptionswilligen Personen erforderlich ist,
 
C. in der Erwägung, daß der Minderjährige so weit wie möglich das Recht haben sollte, von den leiblichen Eltern aufgezogen zu werden, daß er aber in den Fällen, in denen die Eltern vorübergehend nicht dazu in der Lage sind, Personen anvertraut werden sollte, die seine Würde und seine Rechte schützen können, wobei die Einweisung in ein Heim vermieden werden sollte, und in der Erwägung, daß im Falle einer von den zuständigen Behörden festgestellten tatsächlichen "Verlassenheit" der Minderjährige adoptiert werden kann, wodurch seine Bindungen zur Herkunftsfamilie abgebrochen werden,
 
D. in dem Bewusstsein, daß durch die Adoption aus dem "verlassenen" Kind das Kind der Adoptiveltern wird,
 
E. in der Erwägung, daß in allen Staaten der Union ein starker Geburtenrückgang und gleichzeitig eine wachsende Adoptionsnachfrage zu verzeichnen ist, die nur in geringem Masse erfuellt werden kann, was die Zunahme internationaler Adoptionen erklärt,
 
F. in der Erwägung, daß das Rechtsinstitut der Adoption heute, vor allem im Bereich der internationalen Adoption, Gefahr läuft, mißbraucht zu werden, so daß eine Wiederbesinnung auf seine Bedeutung als Instrument, mit dem verlassenen Kindern ein Zuhause gegeben werden soll, über alle trennenden Grenzen hinweg notwendig ist, und daß die Kontrolle mittels strengerer Verfahren durchgeführt werden muß, vorausgesetzt, daß dadurch in der Praxis die Adoption nicht unmöglich gemacht wird,
 
G. in dem Bewusstsein, daß die internationale Adoption nur dann durchgeführt werden sollte, wenn es auch durch die Gewährung finanzieller und sozialer Hilfen nicht möglich ist, das Kind in seiner Herkunftsfamilie oder zumindest in einer Pflegefamilie seines Landes zu belassen, daß aber - sollte die "Verlassenheit" tatsächlich festgestellt worden sein - die internationale Adoption auch mit flankierenden Maßnahmen gefördert werden muß, durch die die Verfahren im Ausland einerseits transparent werden und andererseits unnötige Schwierigkeiten für die Adoptionsbewerber vermieden werden,
 
H. unter Hinweis darauf, daß es folglich bei der internationalen Adoption unerläßlich ist, den derzeitigen privatrechtlichen Rahmen zu überwinden und für die Verfahren im Ausland die obligatorische Vermittlung von gemeinnützigen zugelassenen Organisationen unter staatlicher Kontrolle vorzusehen,
 
I. in Kenntnis der Tatsache, daß auch weitere Institute, wie die vorübergehende nationale und internationale Vormund- oder Pflegschaft in Notsituationen, wie zum Beispiel bei Kriegen oder Naturkatastrophen und bei minderjährigen Asylbewerbern, zu Hilfe genommen werden können,
 
J. unter Hinweis darauf, daß es erforderlich ist, den rechtlichen Status des Adoptierten zu schaffen, durch den auf der Grundlage eines Systems zwischenstaatlicher Zusammenarbeit die gegenseitige Anerkennung der in den Mitgliedstaaten zustandegekommenen Adoptionen sichergestellt werden muß,
 
1. ist der Ansicht, daß jede legislative oder administrative Maßnahme zur Erleichterung der Adoption immer im Zusammenhang stehen sollte mit einer starken Politik wirtschaftlicher und sozialer Hilfen für die in Schwierigkeiten befindlichen Familien und von direkten Stützungsmaßnahmen zur Verhinderung der Vernachlässigung der Minderjährigen und ihrer Einweisung in ein Heim;
 
2. ist der Ansicht, daß die Mitgliedstaaten auch die Einführung der Möglichkeit der Adoption durch Einzelpersonen in ihr nationales Recht vorsehen sollten, und zwar in den Fällen, in denen das Interesse des Kindes dies erforderlich macht und die Adoption durch ein Paar nicht möglich ist;
 
3. fordert die Mitgliedstaaten und die beitrittswilligen Staaten, die dies noch nicht getan haben, auf, umgehend das obengenannte Haager Übereinkommen aus dem Jahre 1993 zu ratifizieren und so die Gegensätze zwischen den Rechtsordnungen zu beseitigen, in denen auf dem Gebiet der Adoption eine Zuständigkeit der Justiz festgeschrieben ist, und denen, die dagegen eine Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden vorsehen;
 
4. fordert die Kommission und den Rat auf, bei den Drittländern, aus denen die in den Ländern der Union adoptierten Kinder kommen, mit Nachdruck darauf hinzuwirken, daß sie das Haager Übereinkommen so rasch wie möglich ratifizieren;
 
5. ist der Ansicht, daß der in einigen nationalen Rechtsordnungen vorgesehene vertragliche Charakter der Adoption mit gerichtlicher Kontrolle erst während der Phase der Anerkennung zu einigen Problemen ethischer und rechtlicher Natur über den Kontakt zwischen den leiblichen Eltern und den Adoptiveltern hinaus führen kann;
 
6. hebt erneut das Prinzip hervor, daß sowohl die nationale als auch die internationale Adoption nur vorgenommen werden kann, nachdem die zuständigen staatlichen Behörden, eventuell in Zusammenarbeit mit den humanitären NRO, zugesichert haben, daß alle - gegebenenfalls erforderlichen - Zustimmungen der Personen, Institutionen oder Inhaber der elterlichen Sorge frei und schriftlich geleistet worden sind, und erklärt haben, daß der Minderjährige adoptiert werden kann;
 
7. fordert die Mitgliedstaaten auf, Instrumente zu schaffen, um die zu einer nationalen oder internationalen Adoption bereiten Paare vorzubereiten, zu unterstützen und zu begleiten;
 
8. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Altersspanne zu harmonisieren, in der Adoptionswillige das Recht besitzen, eine Adoption zu beantragen;
 
9. fordert, daß in Anbetracht der Schwierigkeiten bei der internationalen Adoption die Mitgliedstaaten die Eignung erst feststellen, wenn nachgewiesen ist, daß die adoptionswilligen Eltern spezifische Voraussetzungen erfuellen;
 
10. fordert die Mitgliedstaaten auf, nur staatliche Organisationen oder vom Staat anerkannte und zugelassene absolut vertrauenswürdige und gemeinnützige Organisationen in Adoptionsverfahren mit der Vermittlung zu betrauen;
 
11. bedauert in Anbetracht der Bestrebungen der Union und der Herausforderungen, vor denen sie steht, die unzureichenden Fortschritte in Kapitel VI des EG- Vertrages in den Bereichen Justiz und Inneres;
 
12. fordert den Europarat auf, seine Tätigkeit im rechtlichen und sozialen Bereich im Zusammenhang mit der Familienpolitik generell und der Adoption im besonderen fortzusetzen, und zwar in Zusammenarbeit mit seinen Mitgliedstaaten, um vor allem mit den Staaten Mittel- und Osteuropas (aus denen viele Adoptivkinder kommen) seine Rolle als Koordinierungsstelle zwischen den Ländern, die auf dem Weg zur Demokratie sind, und den europäischen Ländern mit entwickelter Rechtsstaatlichkeit zu spielen;
 
13. fordert den Rat und die Kommission auf, bei der Zusammenarbeit mit den assoziierten Staaten ihre Tätigkeiten in rechtlichen und sozialen Bereich, die im Zusammenhang mit Adoptionsfragen stehen, unter Beachtung der international gültigen Normen zu vertiefen;
 
14. fordert die Kommission auf, konkrete Vorschläge für geeignete Maßnahmen zur Förderung der Zusammenarbeit im Bereich des Inneren vorzulegen, die auch auf die Verhinderung der Vernachlässigung und darauf gerichtet sind, daß das Kind soweit wie möglich in seiner Herkunftsfamilie oder, je nach Situation, in einer Adoptiv- oder Pflegefamilie seines Landes bleiben kann;
 
15. hält es für unabdingbar, daß der Rat unverzueglich gemeinsame Maßnahmen auf der Grundlage von Artikel K.3 Absatz 2 Buchstabe b des EU-Vertrags beschließt, um
 
- eine Visumpolitik einzuführen, durch die verhindert werden soll, daß die Kinder nicht Gegenstand illegaler Praktiken werden, die von internationalen Adoptionsnetzen unter dem Deckmantel des freien Personenverkehrs in der Europäischen Union eingeführt werden,
 
- die illegale Einreise von Kindern auf der Grundlage eines einheitlichen Vorgehens in der Europäischen Union zu bekämpfen, wobei das Schengener Informationssystem hierfür verwendet werden kann,
 
- die Entführung von und den Handel mit Kindern zu verhindern und zu bekämpfen,
 
- ein Programm zur Förderung von Initiativen auf dem Gebiet Ausbildung und Austausch für Personen einzuführen, die für die Bekämpfung von Kindesentführung und -handel zuständig sind,
 
- die Möglichkeit vorzusehen, den Aufgabenbereich von Europol auch auf die Netze auszudehnen, die den Kinderhandel zu Adoptionszwecken kontrollieren, und dies im Rahmen der Zuständigkeiten von Europol auf dem Gebiet des Menschenhandels;
 
16. fordert die zuständigen Behörden der Gemeinschaft auf, spezifische Projekte zur Durchführung von Vorbeuge- und Schutzprogrammen für verlassene Kinder und zur Kontrolle der für die internationale Adoption erforderlichen Vermittler durch den Herkunftsstaat zu entwickeln;
 
17. fordert, daß die europäische Dimension in den Rahmen der internationalen Adoption einbezogen wird, um einerseits die Kontakte der von den Mitgliedstaaten bestimmten zentralen Behörden zu formalisieren und andererseits geeignete Instrumente für die Beschlußfassung und Verwaltung einzuführen, insbesondere eine internationale Anlaufstelle in Form einer Datenbank und eines Zentrums zur Forschung und Bewertung im Dienste der Tätigkeiten im Adoptionsbereich;
 
18. fordert die Mitgliedstaaten auf, das Konzept der Adoption als Instrument im Dienste der Rechte des Kindes und nicht der Erwachsenen zu propagieren und dadurch zu zeigen, daß sie auch in den Fällen, in denen die Eltern sich weigern oder unüberwindliche Schwierigkeiten dabei haben, ihr Kind in einem angemessenen familiären Umfeld aufwachsen zu lassen, den sozialen Zweck erfuellt, Kindern ein Zuhause zu geben;
 
19. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der UNICEF sowie der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zu übermitteln.