"Babyexporteure" Guatemala und Haiti
"Babyexporteure" Guatemala und Haiti
VON REDAKTION | 03. Dezember 2007, 17:10
Die Nachfrage nach Neugeborenen ist immens
Lateinamerikanische Adoptionsparadiese mit zweifelhaften Praktiken - Kinderhändler kaufen Schwangeren das Baby oft noch im Bauch ab
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Von Sandra Weiss aus Caracas
Zwar werden in vielen Ländern Lateinamerikas Kinder zur Adoption freigegeben - darunter Mexiko, Peru, Bolivien, Kolumbien und Brasilien - zwei Länder aber haben den zweifelhaften Ruf von "Adoptionsparadiesen": Guatemala und Haiti. Dort ist die Armut groß, der Staat schwach und vom organisierten Verbrechen unterlaufen. Für die adoptionswilligen Eltern haben beide Staaten den Vorteil, dass es dort relativ schnell geht: dauert in den USA und Europa ein Verfahren bis zu fünf Jahre, kann man dort schon nach wenigen Monaten sein Baby in den Armen halten.
Geburtenkontrolle ist unbekannt
Im karibischen Armenhaus Haiti sind rund eine halbe Million Kinder Waisen oder von ihren Eltern verlassen. Geburtenkontrolle ist unbekannt, die Aids-Rate hoch. So werden überzählige Kinder oder Aidswaisen an Verwandte abgeschoben, an wohlhabende Familien als Dienstpersonal verkauft, zur Zuckerrohrernte in die Dominikanische Republik geschickt oder in Heime abgegeben. "Viele Eltern glauben, dass sie ihren Kindern so eine bessere Zukunft ermöglichen", sagt Alphonse Nkunzimana von der Panamerican Development Foundation.
Geringe Anforderungen an die Adoptiveltern
Schätzungen des UN-Kinderhilfswerks Unicef haben ergeben, dass jedes Jahr 1300 haitianische Kinder zu neuen Eltern ins Ausland vermittelt werden, nach Frankreich, Belgien, Kanada und in die USA. Die Grenze zwischen legaler Adoption und Kinderhandel ist fließend. Haiti stellt geringe Anforderungen an die Adoptiveltern und erlaubt unbegrenzt Adoptionen durch Singles. Längst ist daraus ein so gutes Geschäft geworden, dass Waisenhäuser Kinder nur zum Zweck der Vermittlung ins Ausland annehmen - und den leiblichen Eltern dafür sogar Geld zahlen.
Guatemala: Kinder nach Maß
Noch dramatischer ist die Lage in Guatemala, dem weltweit viertgrößten "Babyexporteur" nach China, Russland und Südkorea. Von dort wurden im Jahr 2006 fast 5000 Kinder adoptiert. Im Schnitt 18 Adoptionen werden dort täglich abgewickelt, geschätzte 70 Prozent davon illegal. Babyraub, Vergewaltigung und Auftragsschwangerschaften sind an der Tagesordnung. Netzwerke von Heimen, Anwälten und Ärzten sind mit dem Geschäft befasst - 20.000 bis 50.000 Dollar kostet eine Adoption im Schnitt. Die Eltern können sich dabei ihre Kinder nach Maß per Internet aussuchen, wie Bruce Harris vom Kinderhilfswerk Casa Alianza anprangert.
Weil die Nachfrage nach Neugeborenen immens ist, kaufen Kinderhändler jungen, oft ungewollt Schwangeren das Baby oft noch im Bauch ab - für 200 bis 600 Dollar, eine kostenlose Entbindung und bis dahin ein paar Monate freie Kost. (Sandra Weiss aus Caracas/ DER STANDARD Printausgabe 8.11.2007)
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