Hilfe für Haiti aus Palling

19 January 2010

Hilfe für Haiti aus Palling

Von Karlheinz Kas

Palling. Es war wie ein Stich mitten ins Herz: Susa Reiter aus Geiselfing bei Palling erlebt die Tage seit dem verheerenden Erdbeben in Haiti so intensiv, wie kaum ein anderer in der Region. Die 46-Jährige hat selbst zwei Kinder von der Karibikinsel adoptiert und ist zudem Schatzmeisterin des Vereins „Haiti Kinderhilfe e.V.“ mit Sitz in Eichenau bei Fürstenfeldbruck. „Die Katastrophe ist in Worten nicht zu fassen. Das ist alles ganz, ganz furchtbar“, sagte sie gestern und warb um Unterstützung.

Susa Reiter

„Wir sind ein kleiner Verein und betreuen 120 Patenkinder. Wie viele von ihnen am Leben sind, wissen wir nicht, auch nicht, wie viele ihrer Angehörigen ums Leben kamen“, berichtet Susa Reiter, die beim Maschinenring Traunstein in St. Georgen als Assistentin der Geschäftsführung arbeitet.

Wo immer sie derzeit auftaucht, wird sie auf das Drama angesprochen. Gleiches gilt für ihren Mann Konrad (51), der beim Amt für Landwirtschaft in Traunstein arbeitet. Eine schlimme Zeit machen auch die Kinder durch. Edine (10) lebt seit acht Jahren bei den Reiters, Lucas (8) seit sechs Jahren. Beide stammen aus Haiti. Edine besucht die 4. Klasse der Pallinger Grundschule, Lucas geht in die Förderschule Traunreut. „Die Situation belastet unsere Kinder sehr“, verrät Susa Reiter.

Mit ihrem Mann zusammen war sie viel herumgekommen. Sie erlebten die Ärmsten der Armen in Afrika. Bei den Reisen nach Gambia und dem Senegal war dann die Idee der Adoption entstanden. „Wir wollten Eltern sein für Kinder ohne Familie“, erzählt sie.

Vor neun Jahren war die Pallingerin selbst in Haiti, ihr Ehemann dann zwei Jahre später. „Schlimm diese Armut, kaum zu beschreiben. Es ist das ärmste Land der westlichen Hemisphäre. Es ist ein total vergessenes Land“, berichtet die 46-Jährige, schloss sich spontan der „HaitiKinderhilfe“ an, die es seit 1993 gibt, und übernahm dort vor vier Jahren das Amt des Schatzmeisters. Dass die Organisation ihren Sitz in Eichenau hat, hängt mit dem Wohnort des Vorsitzenden zusammen (siehe auch www.haiti.kinderhilfe.de)

„Wir sind nicht in der Lage, medizinische Nothilfe zu leisten, Bergungsarbeiten zu stemmen oder schweres Gerät ins Land zu schaffen, aber wir helfen mit unserem Krankenhaus so gut wir können“, sagt Susa Reiter. Wie durch ein Wunder ist die von der Organisation im Jahr 2007 erbaute Klinik „Centre de Santé de Notre Dame de Lourdes“ am Ende des Slums in Port-au-Prince vom Beben verschont geblieben. „Ringsherum ist alles platt gewalzt – es ist wie ein Wunder“, erzählt Reiter.

Hier werde den ausländischen Helfern Infrastruktur geboten. Die Ärzte hätten derzeit zwar kein Material mehr. Da aber immer mehr Hilfslieferungen verteilt würden, könnten Patienten bald wieder richtig versorgt werden. Hauptaufgabe sei es jetzt aber, eine Bestandsaufnahme der 120 Patenkinder vorzunehmen.

Zu diesem Zweck wurde vor Ort ein Patenschafts-Komitee gegründet. Zehn junge Erwachsene, die zu den Überlebenden gehörten, stehen mit der „HaitiKinderhilfe“ in engem MailKontakt und kümmern sich darum. „Macht euch keine Sorgen, wir sind am Leben“, hatte am Wochenende eine Studentin geschrieben.

Nicht dabei sein kann allerdings Ace St. Louis, der in Haiti bislang die Koordination für den Verein übernommen hatte. Der Mann war während des Bebens gerade beim Tanken, als die Tankstelle explodierte. „Er hat lebensgefährliche Verletzungen davongetragen, wurde außer Landes geflogen. Die Ärzte in Miami kämpfen derzeit um sein Leben“, berichtet Reiter.

Größtes Ziel der Organisation ist es, die überlebenden Schüler und deren Familien mit direkten Hilfen für Versorgung und Obdach zu unterstützen. „Darüberhinaus wird es nötig sein, schnell Schulprovisorium zu organisieren und zugleich endgültige Schulen zu bauen“, erklärt die Pallingerin und hofft auf Hilfe auch aus der Region.